Für Monte Sant’Angelo fällt die normannisch-schwäbische Zeit, die einen Höhepunkt seiner wirtschaftlichen, künstlerischen und religiösen Entwicklung darstellt, auch mit dem Höhepunkt der Berühmtheit des Heiligtums zusammen. Die Chroniken der Zeit rechnen es zu den vier meistbesuchten Pilgerstätten der Christenheit auf dem Weg der „geistlichen Erlösung“, der bekannt ist als Homo, Angelus, Deus und den Besuch der Gräber der Apostel Petrus und Paulus in Rom, des hl. Jakobus in Compostella in Spanien (Homo), des Engels in der heiligen Grotte von Monte Sant’Angelo (Angelus) und schließlich des Heiligen Landes (Deus) vorsah.
Unter den Pilgern, die in jener Zeit ihre Verehrung des hl. Michael durch eine Wallfahrt bekundet haben, erwähnen wir nur:
Päpste
1049 51 – Leo IX. war drei Mal anwesend im Blick auf die Vorbereitung des Konzils von Siponto, das für das Jahr 1050 einberufen war.
1061 – Alexander III. anlässlich des Konzils von Siponto.
1093 – Urban II., der bei seinem Besuch dem Heiligtum dieselben Ablässe gewährte, wie sie auch Santiago di Compostella besaßen.
1117 – Paschalis II. in Verbindung mit dem Konzil von Siponto.
1120 – Kallixtus II., der den Erzengel zum Fürsten und Beschützer der ganzen Welt erklärte.
1177 – Alexander III., der sich anlässlich seiner Wallfahrt in die nahe Abtei S. Maria in Pulsano begab, weihte die neue Kirche und legte persönlich die Gebeine des hl. Giovanni da Matera unter dem Hochaltar nieder.
Kaiser, Könige, Fürsten
1022 – Heinrich II. übernachtete in der Grotte und wohnte laut der Überlieferung himmlischen Liturgie bei, die dann auf seinem Grab im Bamberger Dom dargestellt wurden. Bei diesem Anlass schenkte er der Basilika einen goldenen Kelch.
1044 – Heinrich III.
1047 – Herzogin Agnes von Poiton, Schwägerin Heinrichs III.
1089 – Herzogin Mathilde von Canossa, die in jener stürmischen Zeit gefährlichen Verfolgungen seitens einiger Grundherren zusammen mit den begleitenden Hofdamen gefährliche Anfechtungen ihrer fraulichen Würde erleiden musste.
1137 – Lothar II., der Gute, König von Sizilien, der 1177 sich mit seiner Frau Johanna von England, Schwester von König Richard Löwenherz, dorthin zurückzog.
1137 – Balduin II. von Flandern, König von Jerusalem.
Unter den zahlreichen Persönlichkeiten ist nicht auszuschließen, dass Friedrich II. und seine Söhne Konrad IV. und Manfredi wenigstens einen frommen Besuch im Heiligtum gemacht haben.
Heilige
1050 – Hl. Wilhelm von Antiochien und S. Pellegrino (Vater und Sohn).
1094 – Hl. Bruno, Gründer des Klosters Certosa in Frankreich, bei Grenoble.
1098 – Hl. Anselm von Aosta.
1118 – Hl. Wilhelm von Vercelli, Gründer der Benediktiner von Montevergine.
1123 – Hl. Giovanni von Matera, Gründer des Ordens der Pulsaneser, in Pulsano di Monte Sant’Angelo.
1130 – Hl. Bernhard von Clairveaux, Reformator des Zisterzieneserordens, Kirchenvater und Vorkämpfer für den II. Kreuzzug.
1199 – Hl. Ortolana von Offreduzzi, Mutter der hl. Klara von Assisi.
1207 – Hl. Elisabeth von Ungarn.
1222 – Hl. Franz von Assisi. Von ihm wird berichtet, dass er am Eingang zur Grotte stehen blieb und nicht einzutreten wagte, da er sich als unwürdig fühlte, und dass er auf dem nackten Felsen, wie viele Pilger zuvor, das Kreuzeszeichen in Form eines T (tau) eingeritzt habe. Auf diesen Besuch geht der Anfang der Feldkirche S. Maria degli Angeli zurück, in feinem gotischen Stil, auf dem höchsten Punkt des Berges, rund 2 km vor der Stadt.
1268 – Hl. Thomas von Aquin, Kirchenlehrer.
Zwischen dem XIII. und XV. Jahrhundert erlahmte die religiöse Begeisterung und der Geist der Opferbereitschaft und Frömmigkeit erlosch in einem Großteil der Pilger, die vom Vertrauen beseelt waren, für Leib und Seele jene wohltätigen Kräfte der heiligen Orte spürbar zu machen, oder wenigstens jener heiliger Orte, an denen es Gott gefiel, seinen Ruhm durch die Engel und die heiligen Martyrer zu offenbaren.
Selbst die Kreuzzügen wurden zu politischen Unternehmen, zur Eroberung von Territorien und zur Befriedigung der Begierden auch von kleineren Herren und von Abkömmlingen großer europäischer Herrscherhäuser.
In seiner Unsicherheit und in der Verfolgung einer immer stärker nepotistischen Politik schwankte der Hl. Stuhl zwischen vorteilhaften Bündnissen hin und her mit dem einzigen Ziel, die im Augenblick Mächtigsten als Schutzherren zu gewinnen. Handelsleute, besonders aus Venedig, Genua, Pisa, Catalanien und aus den Provinzen gingen ins Heilige Land, um sich Monopole der gängigsten Waren zu sichern und vom Sultan Privilegien für sich und ihre Schutzbefohlenen zu erhalten.
In diesem stark gewandelten politischen und religiösen Klima strömten die Pilger nicht nur aus Frömmigkeit zu den bekanntesten europäischen Heiligtümern, sondern auch aus einfacher Neugier.
Es war die Zeit, in der aus wirtschaftlichen Gründen vor allem die Herren und die reichen Kaufleute sich nach Palästina begaben und ihren Reichtum zur Schau stellten, indem sie in luxuriösen Kutschen umherfuhren, mit Dienerschaft und Hofdamen im Gefolge. Man kann sagen, dass gerade zu jener Zeit der Geist der Pilgerschaft als Zeichen von Frömmigkeit und Buße den Charakter der Gewohnheit, des Modischen und des sozialen Prestiges annahm.
Auch ist festzuhalten, dass unter derartigen Umständen selbst die Priester, die einst gewohnt war, die Lossprechung von Sünden an die Erfüllung einer spürbaren Busse zu knüpfen, meistens in einer Wallfahrt zu einem der berühmten Heiligtümer Italiens oder Europas (man denke an die Buß-Wallfahrt Ottos III. zum Heiligtum S. Michele in Monte Sant’Angelo), dem Pönitenten nun erlauben konnten, diese Pflicht auch durch einen anderen zu erfüllen.
Trotz dieser neuen und laxen religiösen Atmosphäre hat das Heiligtum für die Masse der frommen und anonymen Pilger, die die wahren Deuter der antiken „peregrinatio“ sind, nicht an Interesse verloren.
Die ungezählten und greifbaren Zeichen ihres Hierseins (Unterschriften, Herkunftsorte, Daten, Heilige Symbole usw.) können heute noch bei der Treppe von Anjou und in weiteren inneren und an die Heilige Grotte anschließenden Bereichen gesehen werden.
So ist die Berühmtheit des Heiligtums niemals erloschen und es ist ihm ebenso gelungen, seine starke Anziehungskraft auch auf bekannte Persönlichkeiten auszuüben, die sich durch Gutes oder Böses hervorgetan haben. Von ihnen wollen wir nur an einige wenige erinnern:
Päpste
1273 – Gregor X, wurde im großer Feierlichkeit von Karl I. von Anjou empfangen, der ihn mit seinem Gefolge während des ganzen Besuches begleitet hat und ihm bis Benevent gefolgt ist.
1295 – Cölestin V. (nachdem er bereits abgedankt hatte)
Kaiser, Könige, Fürsten und Adelige
1237 – Balduin II., bekannter unter dem Namen Philipp II. von Taranto, der nach seiner Heirat mit einer Prinzessin von Anjou, Caterina Courtenay, von dieser den Titel Kaiser von Konstantinopel erhalten hatte.
1271-1273 – Karl I. von Anjou war drei Mal hier; das letzte Mal in Begleitung von Papst Gregor X.
1280 – Konrad Malaspina, Markgraf von Lunigiana.
1292 – Karl Martell und seine Gemahlin Clemenza, Königin von Ungarn.
1319 – Urosio, König von Serbien, mit seiner Gattin Elena. Sie stifteten dem Heiligtum eine silberne Lampe.
1346 – Stefan der Reiche, Kaiser der Serben.
1347 – Ludwig der Große, König von Ungarn.
1351-1354 – Johanna I., Königin von Neapel, zwei Mal.
Auf einer ihrer Wallfahrten ordnete sie die Erneuerung der alten, so genannten Strasse des hl. Simon, die von Manfredonia aus nach Monte Sant’Angelo führte, an; außerdem ließ sie die „Portella“ (Durchlass) im Osten der Stadt, nahe beim Kloster der Patres Celestiner, öffnen.
1404 – Die Adelige Pasqua de Angelo hat vier Männer beauftragt, für ihr und ihres Gatten Seelenheil nach Monte Sant’Angelo zu pilgern, wofür sie diese mit zwölf goldenen Talern entschädigt hat, d.h. einen jeden mit vier Talern..
1413 – Der Edle Giacomino di Matteo fügte in sein Testament Schenkungen für Wallfahrten ein, die in seinem Namen zur Kirche des hl. Engels vom Monte Sant’Angelo gemacht werden sollten.
1452 – Kaiserin Eleonore, Gemahlin von Friedrich von Österreich.
1457 – Alfons der Hochherzige ordnete ein große Wallfahrt an, die sich zusammensetzte aus: Ms. Giovanni Salinas, Ordinarius der Diözesen von Sardinien; der Verwaltungschef Messer Giovanni Valerio, einer der Sekretäre des Königs; tausend Bürger; 21 Hofkapläne; 25 jugendliche Koryphäen in Bußgewändern, ein jeder mit einem anderen Jungen, der ihn stützte.
1476 – Matthias Corvino, König von Ungarn mit seiner Gemahlin Beatrice von Aragon.
1488 – Der Herzog von Kalabrien, um ein Gelübde einzulösen; er bezahlte seinem Verwalter Michele di Neapel 14 Dukaten, damit er auf seine Kosten einen Mann auf die Pilgerfahrt zum Monte Sant’Angelo entsende.
1507 – Ferdinand der Katholische pilgerte von Neapel barfuss zum Monte Sant’Angelo.
Heilige
1295 – Der hl. Petrus del Morrone (Cölestin V.).
1295 – Der Selige Roberto Salla, Mitbruder und Schüler des hl. Petrus del Morrone. Er hat unter anderem in Chieti, in den Abruzzen, ein Pilgerheim für Wallfahrer zum Gargano errichtet.
1265 – die Selige Christine, auch Oringa die Menabuoi genannt, Gründerin eines Augustinerinnenklosters in S. Croce sull’Arno.
1319 – der hl. Urosio, König der Serben, der bereits unter den Königen erwähnt wurde.
1372 – die hl. Brigitte von Valdstenza (Schweden) in Begleitung ihrer kleinen Tochter Caterina, die dann auch heilig wurde, und von Bischof von Vieste, Fra Nicolò. Von ihr sind die Offenbarungen über die Zerstörung von Manfredonia durch die Türken im Jahre 1620 bekannt.
1376 – der hl. Vinzenz Ferrero.
1415 – der hl. Bernhard von Siena.
1425 – der hl. Giovanni da Capestrano.
1429 – der hl. Franz von Paola mit seinen Eltern. Von ihm besteht in der Apsis des Sakramentsaltares in der Basilika bis heute eine Statue in Stein, während in der Kreuzkapelle der Apsis eine Reliquie von ihm aufbewahrt wird.